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Reisen und Ausflüge

Heilkräuter: Ein Treffen mit Hildegard, Walhafrid und Galenos

Hans-Joachim Breuer · 16.08.2021

Mörser und Heilpflanzenzubereitungen im Dortmunder Gesundheitshaus. Foto: pab/PytAro

Mörser und Heilpflanzenzubereitungen im Dortmunder Gesundheitshaus. Foto: pab/PytAro

Früher war das Wissen um die Heilwirkung bestimmter Pflanzen ein streng gehütetes Geheimnis weniger Mönche hinter dicken Klostermauern. Heute ist es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Wie im Dortmunder Heilpflanzengarten.

Walhafrid, Abt des Benediktiner-Klosters auf der Insel Reichenau im Bodensee, legte im Jahre 827 nach Christus den ersten Heilpflanzengarten auf deutschem Boden an. Er hätte seine Freude an dem Heilpflanzengarten im ruhigen Dortmunder Stadtteil Kirchderne gehabt. Dieser wurde am 24. Mai 2008 genau nach dessen Vorbild des Klostergartens gestaltet.

Doch wo der Abt noch bescheiden mit 24 Heilkräutern begann, präsentieren sich in Dortmund auf 800 Quadratmetern inzwischen 280 Pflanzen in derzeit zwölf Themenbeeten dem Besucher. Der Garten ist angegliedert an ein bundesweit bekanntes Gesundheitshaus und eine Heilpflanzenschule, der er als Lehrgarten zur Verfügung steht.


Blick auf den Heilkräutergarten und das Schulungsgebäude. Foto: pab/PytAro

Der Natur wieder näher kommen

Wer einen Heilpflanzen-, Apotheker-, oder Klostergarten besucht, macht eine hochinteressante Zeitreise zurück zu den Ursprüngen der Medizin. „Mit dem Heilpflanzengarten wollen wir die Pflanzenheilkunde breitbandig darstellen und sie zurück ins Bewusstsein der heutigen Menschen bringen“, erklärt Heilpraktiker Peter Germann, der mit seiner Frau Gudrun Zeuge-Germann die Heilpflanzenschule und den Garten leitet.

„Viele haben eine Scheu vor natürlichen Mitteln, weil sie denken, die Pflanzen sind alle giftig",

fährt er fort. Deshalb hätten auch viele junge Eltern Angst, wenn ihre Kinder Pflanzen anfassen. Der Heilpflanzengarten biete die Chance, dass Menschen der Natur wieder näher kämen, dass sie lernten, dass sie ein Teil von ihr sind. "Gleichzeitig kann man einerseits die Menschen weg vom Ersatzteillagerdenken der heutigen Schulmedizin hin zu ganzheitlichem Denken bringen und ihnen andererseits die Grenzen der Naturheilkunde aufzeigen“, ergänzt Heilpraktiker Peter Germann.


Autor Hans-Joachim Breuer mit Peter Germann und Gudrun Zeuge-Germann an der Büste des antiken griechischen Wundarztes und Naturforschers Galenos von Pergamon. Foto: pab/PytAro

Ganzheitliches Denken

Äbtissin Hildegard von Bingen und einige ihrer Heilpflanzen begrüßen den Besucher, wenn er sich dem verwunschen aussehenden „Viridatis-Gesundheitshaus“ nähert: rund um eine Figur der Heiligen gruppieren sich Weinraute, Diptam und Galgant.

„Hildegard von Bingen ist kein Teil der alten Klostermedizin, sondern steht vollkommen für sich alleine“, so Peter Germann. „Ihre medizinischen Auffassungen haben sehr viele Parallelen zur chinesischen Heilkunde TCM. Es ist ein in sich stimmiges Medizinkonzept. Deshalb haben wir ihr Heilpflanzenbeet aus dem eigentlichen Heilpflanzengarten ausgegliedert und ihm eine Sonderstellung vor dem Haus gegeben.“


Besucher können sich für Führungen im Heilkräutergarten anmelden. Foto: pab/PytAro

Ein grünes Meer von Heilpflanzen

Durch das Gesundheitshaus, das erfüllt ist von würzigem Kräuterduft und vorbei an Schränken mit ätherischen Ölen und Heilpflanzen-Zubereitungen der Hildegard-Medizin, gelangt der Besucher auf eine große Terrasse, vor der sich, geschützt von großen Pinien, hunderte von Heilpflanzen wie ein grünes Meer sanft im Wind wiegen.


Wo Heilpflanzen zubereitet werden, duftet es nach ätherischen Ölen. Foto: pab/PytAro

Dazwischen gruppiert sind Kunstwerke. Über allem wacht mit strengem Blick, von Heilpflanzen umgeben, die Büste des antiken griechischen Wundarztes und Naturforschers Galenos von Pergamon. Durch seine Lehre von der Zubereitung der Arzneimittel, Galenik genannt, schuf er die Grundlagen der Phytotherapie.

Zwölf Themen der Naturheilkunde

Steigt man von der Terrasse hinab in den Heilpflanzengarten, befindet sich rechts neben dem ersten Hauptfeld das Beet mit den Pflanzen, die bei Herz-Kreislauferkrankungen helfen: beispielsweise Weißdorn, Maiglöckchen, Herzgespann.

Daneben ist im Hauptfeld links am Rundweg das erste Beet den Atemwegserkrankungen gewidmet: Thymian, Lungenkraut, Efeu, Süßholz sowie den Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute: Ringelblume, bittersüßer Nachtschatten, Holunder. Es schließt sich an das Themenbeet Magen-Darm-Erkrankungen mit Kamille, Pfefferminze, Rizinus.


Ringelblumen sind bekannt für ihre hautpflegenden Eigenschaften. Foto: pab/PytAro.

In der Mitte des Hauptfeldes wachsen die Heilpflanzen gegen Leber-Galle-Störungen: Löwenzahn, Schöllkraut, Mariendistel, Artischocke. Links davon findet man das Beet mit Pflanzen gegen Schmerzen und Rheuma: Pestwurz, Gänsefingerkraut, Hagebutte.


Gegen jedes Leiden wächst ein Kraut. Foto: pab/PytAro

Homöoapathie bis Bachblütentherapie

Weiter führt der Rundweg nach einer Rechtsbiegung in das zweite Hauptfeld zu den Arzneipflanzen in der Homöoapathie: giftige Pflanzen wie Tollkirsche, Eisenhut, Bilsenkraut. Dem Rundweg folgend kommt man zum Themenbeet Bachblütentherapie mit Walnuss, Eiche, Waldrebe. Von da aus gelangt man rechts zum Bereich Harnwegserkrankungen, gutartige Schwellungen der Prostata. Hier findet man Goldrute, Wacholder, Spargel, Granatapfel, Cranberry und Kürbis.


Baldrian mildert Nervosität, Ringelblume wirkt entgiftend und Johanniskraut hellt die Stimmung auf. Foto: pab/PytAro

Das nächste Themenbeet ist der Frauenheilkunde gewidmet mit Mönchspfeffer, Traubensilberkerze, Frauenmantel. Den Abschluss bildet der Bereich Nervosität, Einschlafstörungen, depressive Verstimmungen, in dem man Hopfen, Johanniskraut, Lavendel, Baldrian, Melisse, Passionsblume findet.

Dortmunder Heilpflanzengarten
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
Informationen: Gudrun Zeuge-Germann
Tel. 0231 / 88 08 66 13
E-Mail: info@phytaro.de
Bürozeiten: Mo, Mi, Do. 9 – 12 Uhr
Mo. und Do. 15 – 17 Uhr
Freitag 11 – 13 Uhr
Für Führungen telefonisch vorher anmelden.
Webseite: https://phytaro.de/heilpflanzengarten/
Offene Heilkräuterführungen: Dauer ca. 60-75 Minuten. Diese Führungen sind kostenlos, eine Spende für den Garten ist willkommen.
Entfernung ab Köln: etwa 95 km
Fahrtzeit: etwa 1 Std. 8 Min.

Weitere Heilpflanzengärten, die sich für eine Tagestour mit dem Auto von Köln aus eignen:

Schloss Burg an der Wupper
Schlossplatz 2, 42659 Solingen
Tel.: 0212 / 24 22-626
In historischen Beeten alle 36 Heilpflanzen, die in der Landgüterverordnung Karls des Großen von circa 800 nach Christus Erwähnung finden.
Besichtigung der Burg und des Heilkräutergartens ohne Führung

Di – Fr 12-18 Uhr
Sa, So, am Feiertag: 10-18 Uhr
Eintritt: Erwachsene: 6 €, Ermäßigung möglich
Mit 2,5 stündiger Kräuterführung, Termine bei Frank Langer unter 0176 / 23 98 93 62. Tickets: 15 Euro.
Webseite: https://www.schlossburg.de/home/
Entfernung ab Köln: etwa 36.1 km
Fahrtzeit: etwa 33 Min.

Kloster Kamp am Niederrhein
Abteiplatz 13
47475 Kamp-Lintfort
Tel.: 02842 / 927 54 mit imposantem barockem Terrassengarten (soll Vorbild für Sanssouci gewesen sein) und Kräutergarten.
Öffnungszeiten: Führungen jeden Freitag um 15 Uhr im Kräutergarten durch Kräuterpädagogin und Gärtnerin Cornelia Merkmal (Tel.: 028 33 / 62 35 oder 0151 / 577 492 57 mit Kostproben, Dauer: 1,5 Stunden, Gebühr: 3,00 Euro pro Person.
Jeden ersten Sonntag im Monat ist „Kräutersonntag“.
Webseite: www.hortuslavendula.blogspot.com
Entfernung ab Köln: etwa 79.7 km
Fahrtzeit: etwa 59 Min.

Apothekergarten Borken-Weseke
Heimathaus Weseke
Hans-Sachs-Strasse 16
46325 Borken-Weseke
Tel.: 02862/ 33 22.
Der 600 Quadratmeter große Apothekergarten im „Quellengrundpark“ führt auf einem spiralförmigen Weg mit 21 Stationen durch die Geschichte der Pflanzenheilkunde.
Öffnungszeiten: Immer geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Führungen durch den Apothekergarten: Birgit Bölker
Telefon: 0176 / 53 25 20 41.
Webseite: https://www.weseker-heimatverein.de/apo-garten/
Entfernung ab Köln: etwa 132.9 km
Fahrtzeit: etwa 1 Std. 33 Min

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Tags: Naturheilkunde , Wild- und Heilkräuter

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