Kultur
Die Hochschule für Musik und Tanz in Köln – Resonanzraum für Tradition und Zukunft
Carina Ebert · 02.07.2025

Prof. Stephan Wehr probt mit dem Orchester für die Festveranstaltungen zum Jubiläumsjahr der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Foto: Carina Ebert
Von draußen klingt es wie ein Gewitter auf leisen Sohlen. Drinnen, im großen Konzertsaal der Hochschule für Musik und Tanz, entfesselt sich ein Sturm aus Streichern, Bläsern und Schlaginstrumenten: Ariadne auf Naxos, eine Oper von Richard Strauss. Die Kontrabässe pumpen federnd den Rhythmus, Violinen und Cellos setzen ein, fast schneidend präzise, dann bricht das gesamte Orchester los. Ein großer Auftritt für das Hochschulorchester – einer von vielen in 2025, denn die Hochschule für Musik und Tanz (HfMT) feiert ihr hundertjähriges Bestehen. Was heute als eine der größten Musikhochschulen Europas gilt, begann 1925, als Köln sich bei der Bewerbung um den Standort gegen Frankfurt durchsetzte, dank des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Adenauer als Fürsprecher. Aus dem „Cölner Conservatorium“, dessen Wurzeln bis 1845 reichen, wurde die „Staatliche Musikhochschule Köln“.
1925: Zur Gründungsfeier der Musikhochschule kamen der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und zahlreiche prominente Bürger der Stadt. Foto: HfMT Köln
Vielfalt ist Programm
„Natürlich könnten wir sagen: Wir feiern eigentlich 180 Jahre Hochschulgeschichte“, erklärt Rektor Prof. Tilmann Claus. „Aber 1925 ist der Moment, in dem wir staatlich wurden – und das prägt bis heute unsere Identität.“ Diese Identität ist vielfältig: Über 1.500 Studierende aus mehr als fünfzig Nationen werden von etwa 330 Dozenten und Mitarbeitenden an den drei Standorten in Köln, Wuppertal und Aachen unterrichtet.
In Europa einzigartig ist die breite Palette an Studienmöglichkeiten. Angeboten werden Studiengänge für Instrumente wie die Barockvioline oder das Cembalo, für Gesang, für Komposition sowie für Choreographie und Tanz. Seit ihrer Gründung in den 1960er Jahren ist die Tanzabteilung kontinuierlich gewachsen. Heute zählt sie zu den renommiertesten Ausbildungsstätten für zeitgenössischen und klassischen Tanz in Deutschland. Vorteil des Standortes im liberalen Köln: Aktuelle gesellschaftliche Themen wie Inklusion oder Körperbilder fließen in die Ausbildung ein.
Der Vorgängerbau der heutigen Hochschule stand an genau der gleichen Stelle, hatte aber aufgrund der Lage seines Eingang die Dagobertstraße als Adresse. Foto: HfMT Köln
Die Hochschule für Musik und Tanz prägt mit ihrer eigenwilligen Fassade die Ecke Dagobertstraße / Unter Krahnenbäumen. Foto: HfMT Köln
Köln ist mit etwa 1.200 Studierenden das Herzstück. Viele von ihnen kommen mit dem Ziel, selbst eines Tages auf großen Bühnen zu stehen, wie zahlreiche berühmte Absolventen vor ihnen, zum Beispiel Dirigent Christoph Eschenbach, Komponist Karlheinz Stockhausen oder Sopranistin Anja Harteros. Das Bewerbungsverfahren ist anspruchsvoll: „Man braucht Glück, einen guten Tag – und ein bisschen Können am besten auch noch“, schmunzelt Philipp Eppstein (27), Masterstudent im Hauptfach Klarinette. Rund fünfzig Bewerber gab es, zwei oder drei wurden genommen. Auch der gebürtige Italiener Enrico Palatini (24) erinnert sich: „Ich musste nach Köln reisen, hatte gleichzeitig Abschlussprüfungen von meinem vorherigen Studium – das war stressig.“ Wer es schafft, startet in einen intensiven Alltag. Acht Stunden täglich mit dem Instrument sind keine Seltenheit. Cellistin Lea Reutlinger (22) erzählt: „Mit Unterricht, Proben und Üben zuhause kriegt man das recht schnell zusammen.“ Bereits mit 15 Jahren verfolgte sie im „Jungstudium“, einer frühen Form des Studiums während der Schulzeit, konsequent ihren Traum, in einem professionellen Orchester zu spielen.
Praxiserfahrung dank guter Vernetzung
„Die Chancen darauf stehen in Köln ganz gut“, so Prof. Claus. Die Hochschule ist eingebettet in ein professionelles Netzwerk. Das Gürzenich-Orchester, viele WDR-Ensembles, die Oper Köln, zahlreiche Festivals – sie alle sind nicht nur potenzielle Arbeitgeber, sondern auch Partner. Viele Studierende sammeln schon im Studium praktische Erfahrung. „Das Verhältnis zu der Musikszene in der Stadt ist sehr eng“, erklärt Prof. Claus.
Aber auch Digitalisierung, neue musikalische Ausdrucksformen und die zunehmende Diversität der Studierenden verändern Inhalte und Strukturen. So wird heute in Köln ein türkisches Instrument wie die Baglama gelehrt – ein Signal für gesellschaftliche Öffnung und Relevanz, wie Prof. Claus findet. Auch für ihn steht eine Veränderung an: Am 1. Oktober reicht er das Rektor-Zepter weiter an Prof. Andrea Raabe, die erste weibliche Rektorin in der Geschichte der Hochschule. Trotz aller Veränderungen wünscht er sich, dass die Musikhochschule weiterhin mehr als ein Ort des Lernens sein wird und einen Resonanzraum für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bietet. Und er ist sich sicher: „Der Kern, die klassische Gesangs- und Instrumentalausbildung, wird immer bleiben, aber drum herum wird sich eine Reihe von Dingen weiterentwickeln.“
Informationen
Hochschule für Musik und Tanz Köln
Unter Krahnenbäumen 87
Tel. 0221 / 28 38 00
www.hfmt-koeln.de
Im Jubiläumsjahr sind mehr als 100 Veranstaltungen geplant. Infos unter www.hfmt-koeln.de/aktuelles/veranstaltungen
Höhepunkt: Internationaler Gesangswettbewerb
Di, 16.–Fr, 19. September
Vorrunde
Eintritt frei, Konzertsaal
So, 21. September, 11 Uhr
Preisträgerkonzert
Kölner Philharmonie, Bischofsgartenstr. 1
Karten ab 9 Euro über KölnTicket: Tel. 0221 / 28 01 oder die lokalen Vorverkaufsstellen
Im Jubiläumsjahr sind mehr als 100 Veranstaltungen, Konzerte, Opern, Tanzaufführungen geplant. Infos unter www.hfmt-koeln.de/aktuelles/veranstaltungen
Das vollständige Programmheft erhalten Sie vor Ort am Empfang der Hochschule: Unter Krahnenbäumen 87, 50668 Köln, Tel. 0221 / 28 38 00
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Tags: Festwoche , Hochschule , Hochschule für Musik und Tanz in Köln , Jubiläum , Konzert , Kultur , Veranstaltung
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