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Kunst ausleihen in der "artothek"

Jeanette Fentroß · 07.11.2023

Die Eingangspforte der "artothek". Foto: Jeannette Fentroß

Die Eingangspforte der "artothek". Foto: Jeannette Fentroß

Seit fünfzig Jahren bietet die „artothek“ zeitgenössische Kunstwerke zur Ausleihe an – für das kleine Museum daheim. Damit fördert sie Bildung und junge Kunst in Köln.

Schon der Eingangsbereich des „Haus Saaleck“, direkt südlich des Doms gelegen, ist beeindruckend. Das spätgotische Bürgerhaus aus dem 15. Jahrhundert hat eine auffällige Fassade mit drei achteckigen Türmchen. Wird einem die Pforte aufgetan, gelangt man durch einen kleinen Flur in einen hohen und hellen Raum mit einer geschwungenen Empore.


Die artothek befindet sich im Haus Saaleck, einem spätgotischen Bürgerhaus von 1461. Foto: Alistair Overbruck

Ausstellungen der Kölner Kunst-Szene

Hier finden Ausstellungen statt, insgesamt sieben pro Jahr im etwa zweimonatlichen Wechsel. Das Spektrum reicht von Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie bis zu Videoinstallationen und Performances der Kölner Kunst-Szene sowie internationaler Gäste. Die Kunstschaffenden bewerben sich und „eine Jury entscheidet über das künstlerische Programm“, verrät die Leiterin der artothek, Astrid Bardenheuer.

Die kurze Begegnung mit Kunst bei einer Ausstellung entspricht dem pädagogischen Auftrag der Institution der Stadt Köln. Und die Begeisterung für Kunst soll schon früh bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch eigenes Kunstschaffen in Kursen vor Ort geweckt werden.

Es ist jedoch nicht das Kerngeschäft. Vielmehr geht es den Mitarbeitenden darum, junge Kunst zu fördern und für Menschen direkt zugänglich zu machen – und zwar über das Entleihen gegen eine geringe Gebühr. Zehn bis zwanzig Wochen kann so jeder seine Wohnräume oder den Arbeitsplatz mit originalen Bildern und Skulpturen gestalten.

Interieur zum Auswechseln

Das nutzt etwa Florine Bruns, die seit drei Jahren Mitglied bei der artothek ist. Für die junge Frau sind die entliehenen Werke „wie ein Mitbewohner“. Eine Wand im Wohnzimmer ihrer kleinen Wohnung hat sie mit einer variablen Hängevorrichtung ausgestattet, so kann sie dort „mit nur minimalem Aufwand eine maximal schöne Umgebung“ schaffen.

Sie kommt zusammen mit ihrer Mutter Susanne. Von ihr hat sie das Interesse an der Kunst geerbt, gemeinsame Museumsbesuche weckten die Leidenschaft für „poppige Kunst mit herausstechenden Farben“. Jetzt ist ein Werk von James Rosenquist, einem der führenden US-amerikanischen Pop-Art-Künstler, vorbestellt.

„Es ist so ein tolles Gefühl, mit dem Kunstwerk unterm Arm nach Hause zu fahren.“

Florine Bruns, Mitglied bei der artothek

Mit wiederverwendbarer, auf Maß gefertigter Verpackung und Gurt steht es schon unten im Lager bereit. „Es ist so ein tolles Gefühl, mit dem Kunstwerk unterm Arm nach Hause zu fahren“, sagt Bruns und verlässt strahlend die Ausleihtheke.

Mehr als 1.500 Objekte verschiedener Gattungen, Materialien und Techniken von rund tausend internationalen Kunstschaffenden stehen für die Ausleihe bereit. Einige Werke sind viel unterwegs, sprich: werden häufig ausgeliehen, so Bardenheuer. Denn 350 Nutzer bedienen sich regelmäßig an den Regalen. Sie suchen sich „ihre“ Kunstwerke meist spontan aus.

Die Fangemeinde wächst und die Künstler sind gerne bereit, ihre Arbeiten in der artothek zu präsentieren. Ankäufe neuer Werke gibt es immer, „wenn es passt“, sagt die Leiterin und ergänzt: „Eine maximale Größe von etwa DIN A1 darf es auch nicht überschreiten – es muss ja zu transportieren sein.“

Eintauchen ins Kunstwerk

Schon seit zehn Jahren kommen Lothar und Claudia H. hierher, die beiden Ü-Sechziger haben dadurch „mehr Abwechslung im Leben“. Was das Paar damit meint, wird bald deutlich: Sie nehmen sich viel Zeit, stellen immer wieder andere Zeichnungen und Aquarelle nebeneinander. Die beiden Nippeser genießen die Freiheit auszuprobieren, jeder sucht seinen eigenen Favoriten aus. Zwei Werke sollen es immer sein, aber die müssen harmonieren.


Lothar und Claudia H. suchen sich etwas Neues aus. Foto: Jeannette Fentroß

„Wenn es nicht zur Tapete passt, lassen wir es hier“, lacht Lothar, „und einmal haben wir ein Bild vorzeitig zurückgebracht, da es uns zu düster war.“ Das Zusammenspiel der Motive verändert sich, meist entscheidet der erste Gedanke. „Dann taucht man ein ins Kunstwerk und wir tauschen uns dazu aus“, berichten beide. Sie hängen die Kunst ins Schlafzimmer und diskutieren beim morgendlichen Tee im Bett über deren Bedeutung.

„Auch ohne kunsthistorischen Sachverstand entdecken wir in interessanten Bildern immer wieder neue Dinge. Oft entscheidet die Langzeitwirkung, wir haben dann ganz eigene Geschichten zu den Bildern.“ „Und wenn die Kinder zu Besuch kommen, fragen sie neugierig: ‚Habt ihr neue Bilder?‘“, erzählt Claudia. Nun, da ist der Bildungsauftrag voll erfüllt.

Kunstprojekt zum 50-jährigen Jubiläum
Anlässlich des 50. Jubiläums der artothek – Raum für junge Kunst ermöglicht der Förderverein „Freunde der artothek Köln“ noch bis zum 19. November ein temporäres Lichtkunstprojekt an der Fassade des Haus Saaleck. Im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs, ausgelobt durch die „Freunde der artothek Köln“, wurde von einer Fachjury der Entwurf des Künstlerduos Ursula Molitor & Vladimir Kuzmin prämiert und die Realisierung beauftragt. Die Freunde der artothek Köln stellten 25.000 Euro zur Verfügung, um ein „leuchtendes“ Zeichen für die artothek in der Kölner Stadtgesellschaft zu setzen.

artothek – Raum für junge Kunst

Am Hof 50, Tel. 0221 / 221-2 23 32,
geöffnet: Di–Fr 13–19 Uhr, Sa 13–16 Uhr.

Gebühr für den Ausleihausweis: 5 Euro pro Jahr oder ermäßigt 2,50 Euro,
Ausleihe: 7 Euro für 10 Wochen (inklusive Versicherung).

Übersicht der ausleihbaren Werke:
https://artothek.kulturelles-erbe-koeln.de

Neben dem kunstpädagogischen Programm vor Ort bietet die artothek an, Kunstwerke an Gruppen mit mobilitätseingeschränkten Menschen zu liefern.

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Tags: Kölner Kunst leihen , Kunst in Köln

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